Ab ins Grüne

Nimm öfter mal ein Bad...im Grünen!
Ein Bad zunehmen ist entspannend - doch ein Bad im Wald? In Japan ist das „Shinrin-yoku“, übersetzt „Waldbaden“, sogar Teil der staatlichen Gesundheitsversorgung und die sogenannte „Waldmedizin“ seit 2012 ein eigener Forschungszweig an japanischen Universitäten.
Wie eine Studie der US-amerikanischen Universität Michigan zeigt,
genügt schon ein kurzer Spaziergang 20 Minuten im Grünen, um das Level an Stresshormonen deutlich zu veringern. Im Fachmagazin „Frontiers in Psychology“ sprechen Forscher daher von einer „Naturpille“.
Mindestens zehn Minuten im Grünen bis zu 30 Minuten in einer Umgebung, die einem sogar nur das Gefühl von Natur vermitteln muss, reichen aus, um den Cortisolspiegel im Körper effektiv zu senken. Das Stresshormon wird in der Nebennierenrinde produziert und in der Leber abgebaut. Dauerhaft erhöhte Cortisolwerte, wie sie etwa durch chronischen Stress entstehen, können zu Übergewicht führen, das Immunsystem schwächen, Herz-Kreislauf-Störungen, Depressionen und weitere Erkrankungen begünstigen.
In der erwähnten Studie der Universität Michigan wurde einer Gruppe von 36 Probanden (33 Frauen und drei Männer), von den Wissenschaftlern eine regelmäßige „Naturpille“ verordnet. Diese sah wie folgt aus: die Probanden sollten pro Woche mindestens drei Spaziergänge mit einer Dauer von zehn Minuten oder mehr in der Natur bei Tageslicht unternehmen. Die Probanden konnten Tag, Dauer und Ort ihres Naturerlebnisses selbst bestimmen, damit es zu ihrem individuellen Lebensstil passte.
Einige Stressfaktoren mussten sie allerdings währenddessen minimieren: es durfte keine sportliche Betätigung ausgeführt werden und Social Media, das Internet generell, Telefonanrufe, Unterhaltungen und Lesen sollten vermieden werden.
Vor und nach den Experimenten wurde den Probanden eine Speichelprobe entnommen. Diese wurde sowohl auf die Cortisolwerte untersucht, als auch auf die sogenannte Alpha-Amylase. Dieses Enzym stammt aus dem Verdauungstrakt und wird von unserem Körper bei Stress vermehrt ausgeschüttet. Die Tageszeit bedingten Schwankungen dieses Biomarkers wurden bei der Berechnung berücksichtigt. Die Probanden durften zudem 30 Minuten vor der Speichelprobe nicht essen oder trinken, da Nahrungsmittel vor allem die Alpha-Amylase stark beeinflussen können.
Bereits nach 20 Minuten nach dem Spaziergang im Grünen hatte sich der Cortisolspiegel bei den Probanden deutlich gesenkt. Am meisten reduzierte sich das Stresshormon, wenn die Teilnehmer etwa 20 bis 30 Minuten sitzend oder gehend im Grünen verbrachten. Bei länger andauernden Aufenthalten im Freien nahm das Cortisol zwar weiterhin ab, jedoch nicht so stark wie in den ersten 20 Minuten. Bei der Alpha-Amylase war der Unterschied nur bei jenen Probanden deutlich messbar, die sich während der Zeit im Freien kaum bewegten, indem sie zum Beispiel auf einer Bank saßen.
Die Forscher hoffen nun, dass ihre Studie die Wirksamkeit der „Naturpille" verdeutlicht und sehen den Aufenthalt im Freien als kostengünstiges therapeutisches Mittel, um die negativen Auswirkungen des Stadtlebens, wie etwa viel Zeit in geschlossenen Räumen und vor Bildschirmen zu verbringen, sowie generell von zu viel Stress, einzudämmen.
Eine wachsende Zahl von Untersuchungen bestätigt bereits die positiven Effekte eines Aufenthalts in der Natur oder speziell eines Waldspaziergangs. Eine japanische Studie beispielsweise ergab, dass regelmäßige und ausgedehnte Waldspaziergänge die Zahl der natürlichen Killerzellen, eine Untergruppe der weißen Blutzellen und Teil des menschlichen Immunsystems, erhöhte.
Wer also etwas für seine Gesundheit tun möchte und dabei gleichzeitig entspannen will, der sollte sich 20 Minuten pro Tag im Grünen gönnen.
Quellen:
https://www.frontiersin.org/articles/10.3389/fpsyg.2019.00722/full